Beschreibung II

Aufführungen

Beschreibung II entstand als Auftragswerk des SinusTon-Festivals für das AsianArt Ensemble. Die Uraufführung fand am 30. Oktober 2016 im Gesellschaftshaus Magdeburg statt.

Hong Yoo - Daegeum,
Naoko Kikuchi - Koto,
You-Jin Sung - Kayageum,
Matthias Leupold - Violine,
Chang-Yun Yoo - Viola,
Gabriella Strümpel - Violoncello,
Matthias Bauer - Kontrabaß,
Andre Bartetzki - Elektronik und Projektion

Beschreibung II greift konzeptionelle Ansätze aus meinen früheren Arbeiten Beschreibung und Sprachspiel auf.

Bild- und Klangbeispiele

Videoaufnahme der Uraufführung im Gartensaal des Gesellschaftshauses Magdeburg:
(Kamera: Andre Bartetzki, Titelfoto: Edgar Hartung)



Fotos von der Probe ( © Edgar Hartung ) :

Anmerkungen zum Stück

Beschreibung II ist eine in mehrfacher Hinsicht hybride Arbeit, die komponierte Elemente und Improvisation, elektronischen und instrumentalen Klang, westliche und östliche Sichtweisen, Bild und Ton miteinander kreuzt.

Ausgangspunkt für dieses Stück ist eine Fragestellung von Ludwig Wittgenstein aus seinen „Bemerkungen über die Grundlagen der Mathematik“ (die er um 1940 vornehmlich als philosophische Kritik an den Grundlagen von Logik und Mathematik notiert hat und die erst viel später posthum zusammengestellt und veröffentlicht worden sind):
„Denk dir, Einer sagte: Ich möchte eine Komposition hören, die so geht:“
gefolgt von dieser freihändig gezeichneten Kurve, von der Wittgenstein vermutlich annahm, daß sie seinen Zeitgenossen kaum wie eine Form musikalischer Notation erscheinen würde:
Diese Zeichnung kann nach Wittgenstein aber einfach auch als „Sprachspiel“ aufgefasst werden, also eine Form der Äußerung, die allein für sich genommen sinn-los ist und erst durch ihren Gebrauch Bedeutung(en) erlangt.

Für die Erarbeitung von Beschreibung II habe ich jeden Musiker des Ensembles gebeten, mir kurze Aufnahmen verschiedener instrumentaler Interpretationen dieser Zeichnung zu schicken. Diese Aufnahmen der einzelnen Instrumente habe ich durch elektronische Bearbeitung re-interpretiert und zu Zwischenspielen geformt. Zum Andern habe ich durch Analysen der Aufnahmen und der Zeichnung Kriterien für Form und Struktur des gesamtes Stückes abgeleitet.
Die Musiker wiederum improvisieren nach den so gewonnenen Vorgaben, während die Elektronik zu großen Teilen fixiert ist und als Zwischenspiele die Strukturabschnitte des Stücks markiert und die Projektion sich in Abhängigkeit von den gespielten Klängen Schritt für Schritt entwickelt und verwandelt.

Improvisationspartitur

Anmerkungen zur Realisation

Da die Musiker einerseits größtenteils nach Materialvorgaben improvisieren, andererseits aber der Bildaufbau wie die gesamte Struktur des Stücks einem vorher festgelegten Schema folgen sollen, werden zur Orientierung über ein Tablet Spielanweisungen in Form einzelner Worte und einfacher grafischer Zeichen für alle Musiker sichtbar angezeigt (Mira und MaxMSP). Diese Spielanweisungen werden meist zeitgleich mit dem Beginn eines neuen Animationsprozesses gesendet.
Die von mir für dieses Stück entwickelte Animationsoftware basiert auf openFrameworks und diversen Addons für physikalische Modellierung, OSC-Kommunikation u.a.
Fast alle visuellen Szenen werden auf die eine oder andere Weise von den Audiosignalen der Musiker beeinflusst. Die Analyse der Signale erfolgt mit SuperCollider, von wo aus per OSC die Animationssoftware gesteuert wird, z.B. das Erscheinen oder Verschwinden grafischer Objekte, deren Position und Größe oder die Übermittlung von Kräften und Geschwindigkeiten.
SuperCollider dient gleichfalls zur Wiedergabe der vorproduzierten mehrkanaligen Soundfiles, die aus den kurzen instrumentalen Interpretationen der Wittgenstein-Zeichnung enstanden sind. Eine live-elektronische Bearbeitung der Instrumente findet hier nicht statt.